Der 13. August 1961 – Ein Verbrechen

Mauerbau

Mauerbau (Foto: Helmut J. Wolf, Bundesarchiv, Bild 173-1321, via Wikimedia Commons)

Ein chinesisches Sprichwort lautet: Wenn die Winde des Wechsels wehen, bauen die einen Windmühlen, die anderen Mauern. Die sozialistische Idee (Utopie), die im 20. Jahrhundert so viel Leid und Gewalt über die Menschheit brachte, war auch auf deutschem Boden bereits frühzeitig jämmerlich gescheitert. So wie Stalin Millionen verhungern und ermorden ließ, so sah sich die SED gezwungen, die eigene Bevölkerung einzusperren. Die DDR war ohne Mauer und Stasi nicht lebensfähig.

Die Initiative zum Bau der Mauer ging nachweislich nicht von der Sowjetführung aus. Vielmehr weigerte sich Moskau von 1953 an acht Jahre lang hartnäckig, dem Wunsch der SED-Führung nach Schließen der Sektorengrenze zu entsprechen. Es ging um die Machterhaltung und die Aufrechterhaltung einer Ideologie, nach der die Menschen zum „Glück“ gezwungen wurden, dessen materielle und immaterielle Grundlagen sie gar nicht schaffen konnten. Die Mauer war Ausdruck der permanenten Staatskrise der DDR – die eiserne Klammer, die das System zusammenhielt.

Sie war nur wirksam, wenn jeder Versuch, sie zu überwinden, mit dem tödlichen Risiko verbunden war, von Sprengminen zerfetzt oder von den Grenzposten abgeschossen zu werden. Stacheldraht und Bluthunde, Dornengitter und Selbstschussautomaten mitten durch ein Volk – das alles ist so abartig pervers, dass ein einigermaßen normaler Mensch gar nicht auf solche Ideen kommt. Das konnte nur in den kranken Hirnen von kommunistischen Berufsverbrechern wie Ulbricht, Mielke, Honecker und Genossen gedeihen.

Der russische Nobelpreisträger Solschenizyn hat einmal geschrieben: Die Gewalt kann sich nur mit der Lüge zudecken, und die Lüge kann sich nur mit der Gewalt erhalten. Die Mauer als betonierte Gewalt basierte auf der Lüge, dass sich der SED-Staat nach außen schützen müsste. Aber der Stacheldraht zeigte nach innen.

Am 13. August 1961 wurden aus Bürgern Insassen, die DDR endgültig ein einziges, großes Gefängnis. Die historische Wahrheit ist: Die Mauer hat keinen Krieg verhindert, die Mauer selbst war Krieg – nicht gegen den Klassenfeind, sondern gegen das eigene Volk.

Die kommunistische SED, die sich jetzt scheinheilig PDS, Linke oder sonst wie nennt, spielt sich heute als Rächer der Enterbten, als Anwalt der kleinen Leute, als Robin Hood von Brandenburg auf. Über 40 Jahre, davon 28 Jahre hinter Mauer und Stacheldraht, hatten die Kommunisten Zeit, eine bessere oder wenigstens gerechtere Gesellschaft aufzubauen – ohne legale Opposition, ohne freie Presse, unabhängige Gerichte, ohne durch freie Gewerkschaften und Streikrecht gestört zu werden.

Das Ergebnis war im Herbst 1989 ein Staatsbankrott, ein totaler Trümmerhaufen. Sie haben Ostdeutschland politisch, wirtschaftlich, ökologisch, sozial, menschlich und moralisch ruiniert. Und die Brandstifter von gestern wollen heute Feuerwehrleute sein. Es ist ein gefährlicher Irrtum, zu glauben, die sozialistischen Experimente in etwa 60 Ländern seien lediglich an subjektiv-menschlichem Versagen gescheitert und mit der Zeit ließe sich das heilen.

Auch nach dem Mauerbau konnte die DDR nicht genesen. Als der systematische Häftlingsfreikauf begann und die Welle der Ausreiseanträge, wurde der Druck im Kessel nicht geringer, sondern größer. So ist der SED-Staat 1989 genauso geendet wie er es verdiente. Es zeigt sich aber immer wieder, wie tief die Wunden auch nach Jahrzehnten noch sind, wie groß die Traumatisierung unserer Gesellschaft noch ist.

Auch in einer freien Gesellschaft gibt es Probleme, Konflikte und – jawohl – auch himmelschreiende Ungerechtigkeiten. Es ist nicht leicht, in Freiheit zu leben. Freiheit bedeutet auch Verantwortung und Risiko. Aber noch nie hat es eine demokratische Gesellschaft nötig gehabt, ihre Mitglieder durch eine Mauer an der Flucht zu hindern.

Beim Mauerbau war ich zehn Jahre alt. Zwei Zitate aus den Augusttagen des Jahres 1961 sind mir bis heute im Gedächtnis geblieben. Der damalige US-Vizepräsident Lyndon B. Johnson sagte in Berlin, am Anfang scheint es immer so, dass Diktaturen für die Ewigkeit bestehen, aber ihre Tage sind gezählt. Das gilt auch heute für die sozialistischen Terrorregime von Nordkorea bis Simbabwe, von Birma bis Weißrussland, von Syrien bis Kuba – ihre Tage sind gezählt.

Der damalige regierende Bürgermeister Berlins, Willy Brandt, rief den Grenzsoldaten der NVA zu: Lasst euch nicht zu Lumpen machen – schießt nicht auf eure Landsleute. Hier wiegt natürlich die Schuld der politischen Befehlshaber und Offiziere, die achtzehnjährige Wehrpflichtige zum Mord anstifteten, viel schwerer.

Der Leninputsch von 1917 war der Anfang einer bis dahin unvorstellbaren Terrorherrschaft, die zeitweise ein Drittel der Welt unterdrückte und mehr Menschenleben forderte als die Tyrannen des alten Rom, die mittelalterliche Inquisition und der Faschismus in seinen Spielarten zusammen, nämlich über 100 Millionen (Schwarzbuch des Kommunismus).

Durch den Kommunismus wurden im 20. Jahrhundert unzählige Verbrechen begangen. Es ist kein Zufall, dass der Kalte Krieg mit dem Mauerfall endete, denn der Bau der Mauer war genau ein Verbrechen zu viel.

Weiterführende Literatur

  • Courtois, Stéphane: Das Schwarzbuch des Kommunismus: Unterdrückung, Verbrechen und Terror, München 22004. Bestellen bei Buchhandlung89 Bestellen bei Amazon
  • Diekmann, Kai (Hg.): Die Mauer: Fakten, Bilder, Schicksale, München 2011. Bestellen bei Buchhandlung89 Bestellen bei Amazon
  • Schöne, Jens: Ende einer Utopie – Der Mauerbau in Berlin 1961, Berlin 2011. Bestellen bei Buchhandlung89 Bestellen bei Amazon
  • Taylor, Frederick: Die Mauer: 13. August 1961 bis 9. November 1989, München 2011. Bestellen bei Buchhandlung89 Bestellen bei Amazon

Dieser Beitrag erschien zuvor in der Zeitung Märkische Allgemeine vom 10. August 2011.



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